Trinkgeld in der bargeldlosen Ära: Eine neue Herausforderung

Die Zukunft des Trinkgelds in der digitalen Ära

In einer Zeit, in der digitale Zahlungen zunehmend zum Standard werden, steht die Gastronomie- und Hotelbranche vor einer unerwarteten Herausforderung: Trinkgeld. Die kleine Geste der Wertschätzung, die einst diskret auf dem Tisch hinterlassen wurde, wird nun zu einem komplexen rechtlichen und finanziellen Thema.


Die Unsichtbare Währung
Trinkgeld, eine Geste der Anerkennung und Dankbarkeit, ist tief in der Kultur des Gastgewerbes verwurzelt. Es ist nicht nur ein Zeichen des guten Services, sondern auch eine wesentliche Einkommensquelle für viele Beschäftigte. Doch mit dem Übergang von Bargeld zu Karten- und digitalen Zahlungen tritt eine neue Realität ein: Das Trinkgeld wird sichtbar und buchhalterisch relevant.


Während Bargeldzahlungen das Trinkgeld im Schatten der formellen Buchführung hielten, bringt die bargeldlose Gesellschaft dieses nun ans Licht. Was bisher oft unter der Hand weitergegeben wurde, muss nun offiziell erfasst, versteuert und sozialversichert werden. Dies stellt viele Betriebe vor neue administrative und finanzielle Herausforderungen.


Trinkgeld als Lohnbestandteil
Gesetzlich betrachtet, wird Trinkgeld, sobald es einen wesentlichen Anteil des Einkommens ausmacht, wie Lohn behandelt. Dies bedeutet, dass es auf dem Lohnausweis erscheint, versteuert und sozialversichert werden muss. In urbanen Gebieten, wo Trinkgelder einen signifikanten Teil des Einkommens ausmachen können, könnte dies bis zu 30 Prozent des Lohns ausmachen.


Diese Regelung führt dazu, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber Beiträge an die Sozialversicherungen zahlen müssen. Was einst eine direkte und unkomplizierte Anerkennung für guten Service war, wird zu einem formalisierten und regulierten Bestandteil des Einkommens.


Die Rolle der Technologie
In dieser neuen Ära könnte Technologie eine Schlüsselrolle spielen. Digitale Zahlungssysteme und Apps können nicht nur Zahlungen, sondern auch Trinkgelder effizient erfassen und automatisch in die Lohnabrechnung integrieren. Diese Systeme bieten Transparenz und vereinfachen die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. Gleichzeitig eröffnen sie die Möglichkeit, personalisierte Dankesbotschaften oder Treueprogramme für Gäste zu integrieren, die regelmässig Trinkgeld geben.


KI-gestützte Lösungen für mehr Nachhaltigkeit
Moderne Technologien bieten nicht nur bei der Erfassung von Trinkgeldern neue Perspektiven, sondern können auch die Nachhaltigkeit in der Gastronomie und Hotellerie weiter steigern. Künstliche Intelligenz (KI) kann dabei helfen, Food Waste zu reduzieren, die Profitabilität zu steigern und Trends sowie Kundenwünsche frühzeitig zu erkennen. Diese Technologien ermöglichen es, Kosten zu senken, Zeit zu gewinnen und die Planungssicherheit zu erhöhen. Zudem können sie helfen, den Fachkräftemangel auszugleichen. Bei GEMASY investieren wir selbst viel Zeit und Wissen in diese neuen Möglichkeiten und sind begeistert darüber, wie KI-gestützte Vorhersagen die Gastronomie und Hotellerie nachhaltiger und effizienter gestalten können.


Wirtschaftliche Bedeutung des Trinkgelds in der Schweiz
Trinkgeld ist in der Schweiz ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Obwohl das Trinkgeld offiziell vor 50 Jahren aus der Schweizer Gastronomie verbannt wurde, zeigt eine Auswertung des Swiss Payment Monitors, dass im Schnitt rund 8,5 Prozent der Rechnung als Trinkgeld bezahlt werden. Hochgerechnet ergibt dies über eine Milliarde Franken jährlich. Diese Beträge, die bisher oft im Verborgenen flossen, werden nun sichtbar und müssen entsprechend gehandhabt werden.


Reflexion und Anpassung
Diese Entwicklung fordert die Gastronomiebranche auf, ihre Praktiken zu überdenken und sich anzupassen. Es ist eine Gelegenheit, über die Beziehung zwischen Servicepersonal und Gästen nachzudenken und sicherzustellen, dass Wertschätzung und Anerkennung in einer digitalen Welt nicht verloren gehen.


Die Herausforderung besteht darin, eine Balance zu finden: Einerseits die rechtlichen und finanziellen Anforderungen zu erfüllen und andererseits die kulturelle Bedeutung des Trinkgeldes zu bewahren. Vielleicht ist es an der Zeit, neue Wege zu finden, wie Gäste ihre Dankbarkeit ausdrücken können, die sowohl dem Personal als auch den Betrieben zugutekommen.


Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich das Trinkgeld meistens direkt als Bargeld dem Personal gebe. Doch oft habe ich weniger Bargeld dabei und frage mich, ob dies noch zeitgemäss ist. Wie handhaben Sie das? Es ist eine persönliche Frage, die wir alle für uns beantworten müssen.


Ein Aufruf zur Diskussion
Diese Veränderung sollte uns dazu anregen, über unsere Werte und Praktiken nachzudenken. Wie können wir sicherstellen, dass Trinkgeld weiterhin eine positive und motivierende Geste bleibt? Welche Rolle kann Technologie spielen, um diese Tradition in die Zukunft zu führen? Es ist eine Debatte, die nicht nur Gastronomen, sondern auch Gäste betrifft.


Am Ende des Tages geht es darum, die Menschlichkeit in unserem digitalen Zeitalter zu bewahren. Das Trinkgeld war und ist ein Zeichen des Respekts und der Wertschätzung. Lassen Sie uns gemeinsam Wege finden, diese Tradition in einer modernen Welt lebendig zu halten.


Daniel Marbot
ist seit 2001 selbstständiger Gastrofachplaner sowie Gründer und Inhaber der Firma Gemasy

 

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